Räume – Grenzen – Identitäten (Reihe)

NEU 2023

No. 9/2023 Zeichen des Fremden und ihre Metaisierung in ästhetischen Diskursen der Gegenwart 

Herausgegeben von Wolfgang Lukas und Martin Nies


Diese Publikation wurde gefördert von


INHALT

Zeichen des Fremden
Einleitung
Wolfgang Lukas / Martin Nies

Wessen Rettung?                                                                                               Geflüchtete Figuren, Sinnproduktion und implizite Poetik in Jenny Erpenbecks Gehen, ging, gegangen und Bodo Kirchhoffs Widerfahrnis
David Brehm

Der falsche Fremde
Auto- und metafiktionale Reflexionen von Identität und Ethnizität in Abbas Khiders Der falsche Inder
Sönke Parpart                                                                                                          

„Ich habe kein Bild mehr von mir“
(De-)Konstruktion von Identität und Fremdheit in Jenny Erpenbecks Gehen, ging, gegangen (2015) und Olga Grjasnowas Gott ist nicht schüchtern (2018)
Sara Kreuter

Verfinsterungen des Eigenen
Konstruktionen des Anderen in Wolfram Lotz’ Die lächerliche Finsternis
Patrick Durdel

Die vertraute Fremdheit der Anthropophagie
Franzobels Floß der Medusa (2017)
Donata Weinbach

Intimate Weavings
Tracing Urban and Corporeal Others in Sinéad Morrissey’s Poetry
Lena Pfeifer

Make America en vogue again
Die Konstruktion einer nationalen Identität in der US-amerikanischen Vogue nach dem Trump-Wahlsieg
Jasmin Assadsolimani

Schweiz / Haiti / NEW WORLD PLAZA
Individualgeschichte und Universalgeschichte in Dorothee Elmigers Aus der Zuckerfabrik
Alexander Wagner


 

Räume – Grenzen – Identitäten

ist eine Schwerpunktreihe innerhalb der Schriften zur Kultur- und Mediensemiotik (inkludierend SKMS Print und Open Access; Titelübersicht siehe unten).

Seit dem Spatial und dem Topographical Turn der 1980er/90er Jahre ist der Raum in den Blickpunkt der Geistes- und Sozialwissenschaften und vor allem auch der Kulturwissenschaft gerückt. Seitdem ist ‚Raum‘ nicht nur in den einzelnen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen zu einer zentralen Analysekategorie geworden, sondern auch zu einem Kernthema der transdisziplinären Forschung in der deutschsprachigen wie der internationalen Kulturwissenschaft. Gegenwärtig haben sich daneben die Border Studies als ein höchst aktuelles und politisch relevantes Forschungsfeld mit dem Fokus auf Grenzen und Grenzziehungsakten etabliert.

Mit Jurij M. Lotmans Grenzüberschreitungstheorie und den Konzepten „semantischer Räume“ sowie der „Semiosphäre“ stellt die Literatur- und Kultursemiotik bereits seit den 1970er Jahren ein höchst funktionales methodisches Instrument zur Analyse der Semiotisierung/Zeichenhaftigkeit von ästhetischen Räumen und kulturellen Praktiken der Raum- und Grenzkonstruktion bzw. allgemeiner der Bedeutungszuschreibungen im Rahmen jeglicher Konstrukte von ‚Raum‘ und ‚Grenze‘ zur Verfügung. Welche Merkmalszuschreibungen dabei einem ‚Raum‘ je zugewiesen werden, welche Charakteristik eine ‚Grenze‘ definiert, ist dabei als kulturell und textuell variabel zu verstehen und verweist auf die Grundlagen des Denkens bzw. die Formationen des Diskurses, die diesen Konstruktionen vorausgehen. Jeglicher Akt der Grenzziehung, der einen ‚Raum‘ oder eine ‚Identität‘ mittels Aus- oder Abgrenzung von ‚Nicht-Dazugehörigem‘ definiert, lässt sich in diesem Sinne als ‚ideologisch‘ verstehen und hinterfragen.

Die Raumsemiotik des 21. Jahrhunderts konzentriert sich dabei nicht mehr nur auf binäre oppositionelle Konzepte (z.B. ‚eigen‘ vs. ‚fremd‘, ‚Zentrum‘ vs. Peripherie‘ usf.), die als durch eine statische Grenze getrennt aufgefasst sind, wie es dem traditionellen Strukturalismus von den poststrukturalistischen und postkolonialistischen Kulturwissenschaften oft (und oft nicht zu Unrecht) unterstellt ist. Vielmehr sollte die Raumsemiotik alle Arten von Raum- und Grenzkonstrukten in ihrer Vielheit und Dynamik, somit auch unter den Aspekten ihres Wandels, in ihrer Hierarchisierung und unter Berücksichtigung der grenzkonstituierenden ‚Macht‘ beschreiben können. Ob eine Grenze als un-/überschreitbar, als un-/veränderlich, als binäre Einheiten trennend organisiert ist, ob in ihrer Darstellung das grenzüberschreitend Vernetzende und Verbindende, der Aspekt ihrer Schwellenhaftigkeit wie in Identitätsbildungsprozessen oder ihrer stetigen Verschiebung mit der sukzessiven Raumerfahrung/-begehung  (de Certeaus ‚Horizont‘) fokussiert ist, sie sich selbst als ein dritter Raum des Übergangs ( des Sowohl-als-Auch oder Weder-Noch) oder als komplexe multidimensionale Sphäre nach dem Modell eines Rhizoms konstituiert (vgl, die im Center fpr Border Studies / Europäisches Zentrum für Grenzraumforschung zugrunde gelegten Konzepte), ist zweifellos semiotisch beschreibbar, da jeglichen Prozessen des Spacings oder des Borderscapings ein Akt der Semiotisierung von Raum und Grenze vorausgehen muss, denn eine ‚bedeutungslose‘ Grenze wäre keine.

Dem entsprechend darf auch ein zeitgemäßer Begriff von ‚Identität‘ nicht als ein Nicht-Identitäres exkludierender Begriff verstanden werden, sondern als ein variables und mehrdimensionales, zudem vielschichtig vernetztes Konstrukt. Individuelle, soziale, kulturelle Identität konstituiert sich über eine Vielzahl von Zugehörigkeiten, ggf. auch zu als von bestimmten Gruppen/Mächten exklusiv behandelten bzw. vermeintlich widersprüchlichen Entitäten. Unter dem Aspekt der ‚Identität‘ behandelt die Reihe „Räume – Grenzen – Identitäten“ nicht nur kulturelle Identität(en), sondern jegliche soziale, subkulturelle usf. Zugehörigkeitsbehauptung, die – und auch jeglichen Prozess, der – sich als wesentlich ‚identitär‘ begreift.

Die Reihe Räume – Grenzen – Identitäten des Virtuellen Zentrums für kultursemiotische Forschung greift in enger Kooperation mit der Sektion Raum / Kultur in der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft (KWG) gegenwärtige Entwicklungen der Erforschung von Space und B/Orders auf, um aktuellen Aspekten der Raumforschung ein Forum zu geben. Die Reihe stellt damit einen Beitrag zur transdisziplinären Weiterentwicklung theoretischer, methodischer und inhaltlicher Ansätze und Fragestellungen der Bedeutung von Räumen und Grenzen für ‚Kulturen‘ und ‚Identitäten‘ dar.


 

BISHER ERSCHIENEN:

 

Stephanie Großmann (Hg.), „O’zapft is!“ Das Müncher Oktoberfest aus literatur- und kultursemiotischer Perspektive (PRINT)

Ulrike Krieg-Holz / Arno Russegger (Hgg.), Öster­reich­­bilder. Mediale Konstruktionen aus Eigen- und Fremdperspektive (PRINT)

Sarah Brauckmann, Alienität und Alterität. Raumkonzepte in den Filmen David Leans (PRINT)

Martin Nies (Hg.), Raumsemiotik. Räume – Grenzen – Identitäten (SKMS | Online No. 4/2018) hier im Open Access zum DOWNLOAD.

Claudia Gremler, Verheißungen des Nordens. Repräsentationen Skandinaviens in Literatur und Film der deutschsprachigen Gegenwartskultur (PRINT)

Martin Nies (Hg.), Deutsche Selbstbilder in den Medien II. Gesellschaftsentwürfe in Literatur und Film der Gegenwart (PRINT)

 

Im Erscheinen:

  • Angela Fabris, Jörg Helbig (Hgg.), La dolce vita – Intermediale Annäherungen an Italien (PRINT)

 

Mit Unterstützung von:

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