Katastrophen-Diegese und Katastrophen-Exegese (KDE)

 

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Fallstudien zum Verhältnis von Erklärung und Erzählung in den Natur- und Kulturwissenschaften

Das Forschungsprojekt an der Europa-Universität Flensburg unter interdisziplinärer Beteiligung von Archäologie, Kultursemiotik und Physischer Geographie untersucht in Kooperation mit dem Virtuellen Zentrum für kultursemiotische Forschung (VZKF) und dem NordseeMuseum Husum das Verhältnis von Erklärung und Erzählung an der Schnittstelle von Naturwissenschaft und kultureller Überlieferung, literarischer Erzählung und Historiographie.

Im Fokus des Projekts, das als methodologische Explorationsstudie und zugleich als Testfall einer Zusammenarbeit von Natur-und Kulturwissenschaften gedacht ist, stehen die lebens- und naturräumlichen Folgen historischer Sturmfluten an der nordfriesischen Küste sowie die kulturellen Bewältigungsstrategien dieser Katastrophen. Die strategisch genutzten Deutungsmuster lassen Eigenarten der literarischen und medialen Sinnproduktion zu Tage treten, für die insbesondere die anhaltend produktive Rungholt-Legende (s. a. die Ausstellung „Rungholt, rätselhaft und widersprüchlich“ im NordseeMuseum Husum 29.05.2016-29.01.2017) oder Dokumentarfilme und Doku-Fictions über die Sturmflut von 1962 aufschlussreiche Fallbeispiele sind.

Indem die Untersuchung einerseits den komplexen Diskurs-Geschichten der Sturmflut-Katastrophen nachgeht und andererseits analysiert, wie die Basisdaten der Physischen Geographie und der Archäologie mit der ‚tellability‘ der Metadramen zusammenhängen, die mit den Mitteln der Erzählkunst entworfen und ausgesponnen werden, verbindet sie in innovativer Weise die naturwissenschaftliche Arealforschung mit kulturwissenschaftlichen Fragestellungen.

Die Ergebnisse des Projekts werden in einer gemeinsam mit dem Nordfriesland Museum durchgeführten Ausstellung (samt Katalog) sowie auf www.kultursemiotik.com dokumentiert.

Projektleitung:

Archäologie: Tanja Brümmer (Husum)

Kultursemiotik: Prof. Dr. Matthias Bauer (Flensburg) / Prof. Dr. Martin Nies (Flensburg / Passau)

Physische Geographie: Prof. Dr. Christian Stolz (Flensburg)

Kooperationspartner: Nordfriesland Museum Husum, Prof. Dr. Uwe Haupenthal

Info: https://www.kultursemiotik.com/forschung/projekte/kde/

Kontakt: kde-projekt@kultursemiotik.com

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KDE-Seminar an der Universität Passau im Wintersemester 2016/17:

Beschreibungstext:

Thema der Blockveranstaltung sind literarische und mediale Diskurse über Naturkatastrophen im deutschen Kulturraum. Hierzu zählen insbesondere Narrationen von den historischen Sturmfluten an der Nordsee, von Schneekatastrophen und nicht zuletzt vom Passauer Hochwasser im Jahr 2013. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses steht die Frage, wie die Texte die Katastrophen semiotisieren und im Kontext welcher kulturellen Prozesse diese zu sinnstiftenden Deutungsmustern ausgeprägt werden. Ein Beispiel für literarische Verarbeitungen von Sturmfluten sind etwa die zahlreichen historischen Erzählungen vom Untergang der Friesenstadt Rungholt in der Folge der großen Mandränke 1362. Bis zur Aufklärung als göttliches Strafgericht für moralische Ausschweifungen der Bewohner gedeutet, finden die populären Historischen Romane und Regiokrimis der Gegenwart andere Erklärungen für die Katastrophe, die ihrerseits im Rahmen zeitgenössischer kultureller Diskursformationen zu deuten sind. Hier finden Textbeispiele von der frühen Neuzeit über den Realismus, die Frühe Moderne bis zur Postmoderne und Gegenwart Berücksichtigung, die vom kulturellen Wandel der Deutungsmuster des Metaereignisses ‚Untergang einer Kultur‘ zeugen. Im Unterschied zu dem berühmteren Atlantismythos ist das sagenhafte Rungholt dabei nicht nur archäologisch belegt, sondern liegt gleichsam ‚vor unserer Haustür‘.

Neben kanonischen Texten über Fluten wie Theodor Storms DER SCHIMMELREITER sollen Texte unterschiedlicher Medien und Genres, wie bspw. der Kinder- und Jugendliteratur, des Regiokrimis, der Fantasy-Literatur, des postmodernen Romans, der filmischen Doku-Fiction und des TV-Films untersucht werden. Gegenwärtige Filme wie TSUNAMI – TERROR IN DER NORDSEE oder BERMUDA-DREIECK NORDSEE – KATASTROPHE AM MEER argumentieren dabei in der Regel mit dem Raubbau des Menschen an der Natur als ökologisch-systemische Ursache für das Katastrophengeschehen. Aber auch eine Fiktionalisierung des Passauer Hochwassers im Regiokrimi wird in diesem Rahmen Thema sein.

Die LV knüpft an das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Katastrophen-Diegese und Katastrophen-Exegese“ des Virtuellen Zentrums für kultursemiotische Forschung in Kooperation mit der Europa-Universität Flensburg und dem Nordfriesland Museum Husum an.
In einer Teilsitzung des Seminars sollen daher auch anwendungsbezogen Konzepte zur Präsentation der literatur- und medienwissenschaftlich gewonnenen Ergebnisse im musealem Kontext diskutiert werden.

Texte u.a. (auf weitere Ankündigungen achten!):
Theodor Storm, DER SCHIMMELREITER; Jan Christophersen, SCHNEETAGE; Kari Köster-Lösche, DIE LETZTEN TAGE VON RUNGHOLT; André Siebold, RUNGHOLTS ERBE; Dagmar Schmidbauer, UND DANN KAM DAS WASSER.